Schaffst du es, diesen Artikel durchzulesen, ohne zwischendurch auf dein Smartphone zu schauen? Vermutlich liest du ihn auf deinem Handy und es besteht die Möglichkeit, dass du jede Sekunde von einer aufpoppenden WhatsApp-Nachricht abgelenkt werden wirst. Studien zufolge beträgt die durchschnittliche Nutzung von Smartphones aktuell ganze 3,25 Stunden pro Tag[1] – wobei die jüngere Generation noch einmal deutlich mehr Zeit vor ihren Geräten verbringt als die ältere. Eigentlich – und nicht nur „eigentlich“ – viel zu viel Lebenszeit, um diesem neuen Lebensstil weiterhin nachzugehen, ohne das eigene Smartphoneverhalten einmal gründlich zu reflektieren, mit Eph 5,16 abzugleichen und kritisch zu hinterfragen. Doch wie? Wie setze ich mich mit diesem komplexen Thema als Christ auseinander? Da kam mir dieses neu vom Betanien Verlag verlegte Buch gerade recht und ich fing gespannt an zu lesen.
Wie der Untertitel „12 DINGE, die Christen alarmieren sollten“ schon ahnen lässt, thematisiert dieses Buch zwölf Bereiche, in denen uns der Umgang mit unseren Smartphones verändert – und zwar mit weitreichenden Folgen für uns, unsere Mitmenschen und unsere Beziehung zu Gott. Der Autor Tony Reinke, Kommunikationsleiter bei Desiring God, versteht es hier auf eine scharfsinnige, ausgewogene und tief vom biblischen Denken durchdrungene Art und Weise, sowohl die Gefahren, als aber auch Wege zu einem gesunden Umgang mit unseren neuen, wundersamen Begleitern aufzuzeigen.
Ein Zitat von John Piper in dem von ihm verfassten Vorwort bringt die grundsätzliche Aussage des Buches bereits zu Beginn gut auf den Punkt:
„Smartphones sind gefährlich – so gefährlich wie die Ehe, wie Musik oder feine Kochkunst, oder wie alles, was zum Götzen werden kann. Sie sind aber auch sehr nützlich, wie Waffen und Rasierklingen und medizinisches Cannabis – oder viele andere Dinge, die dein Leben ruinieren können.“
In zwölf Kapiteln geht Tony Reinke – wie es der Titel schon sagt – auf die Auswirkungen unserer Smartphonenutzung ein:
1. Wir werden süchtig nach Ablenkung
Ein Zitat auf Seite 49 in diesem ersten Kapitel ist mir besonders wichtig und einleuchtend gewesen: „Es ist schwer, Gott von ganzem Herzen, ganzer Seele, ganzer Kraft und ganzem Verstand zu dienen, wenn wir ständig abgelenkt und zerstreut sind und multitaskingmäßig mehreres gleichzeitig tun.“ Reinke beschreibt hier, was Ablenkung eigentlich ist und plädiert weiter für einen weisen Umgang mit Ablenkung beziehungsweise ein bewusstes Vermeiden von dieser.
2. Wir ignorieren Fleisch und Blut
Nicht nur beim Autofahren birgt ein unreflektierter Smartphoneumgang große Gefahren. In diesem Kapitel geht es um den Wert von realer, natürlicher Kommunikation. Reinke stellt diese der neuen, digitalen Kommunikation gegenüber und zeigt überzeugend, wie viele Vorteile eine reale Interaktion mit unseren Mitmenschen hat.
3. Wir lechzen nach unverzüglichem Beifall
In diesem Kapitel geht Reinke auf unser Verlangen nach Aufmerksamkeit und Bestätigung ein und dass es seine Schattenseiten hat, diese Bedürfnisse online zu befriedigen. Definieren wir uns beispielsweise über unser „Instagram-Image“ oder vielmehr über das, wer wir in Christus sind?
4. Wir verlieren unsere Lesekompetenz
Gut fand ich in diesem Kapitel folgendes Statement: „Ablenkbarkeit ist quasi die mentale Entsprechung zur Fettleibigkeit“ (S. 92). Unsere Handys trimmen uns darauf, Texte zu überfliegen – wahre Lesekompetenz hingegen beinhaltet, uns lange und konzentriert mit etwas Geschriebenem zu beschäftigen und auseinanderzusetzen. In diesem Kapitel wird gut dargelegt, warum und wie wir diese Kompetenz nicht verlieren sollten.
5. Wir ernähren uns von künstlichen Produkten
In diesem Abschnitt wird unsere Vorliebe, alles Mögliche zu posten und uns an Gepostetem zu erfreuen, hinterfragt. Verpassen wir es womöglich in vielen Momenten, Gottes Schöpfung „live“ zu genießen und uns über unsere wunderbare Zukunft als Gottes geliebte Kinder zu freuen?
6. Wir werden, was wir liken
Wie beeinflussen wir andere mit unseren geposteten Worten und Bildern? Und wie werden wir verändert durch den Konsum von Social-Media-Inhalten? Gott möchte, dass wir unsere Herzen mehr als alles andere bewahren (Spr 4,23) und anderen helfen, Gott zu sehen und zu bestaunen.
7. Wir vereinsamen
Durch den technischen Fortschritt wird soziale Interaktion in vielen Bereichen reduziert – Menschen werden durch Maschinen ersetzt und beim Smartphone ist es nicht anders. In diesem Kapitel geht es unter anderem darum, dass wir Reibungspunkte brauchen, um zu reifen Persönlichkeiten zu werden und es als Botschafter Gottes nicht riskieren dürfen, das Reden mit unseren Mitmenschen zu verlernen.
8. Wir leben in heimlicher Unmoral
Nie war Pornografie so leicht verfügbar wie heute und nie war es einfacher, sich scheinbar unbemerkt dieser verlogenen und zerstörerischen Fantasiewelt hinzugeben. Doch eines Tages werden wir uns für jeden Klick verantworten müssen. Zudem sind unsere privaten Sexualgewohnheiten ein Gradmesser für unsere Beziehung zu Gott – es geht um einen sehr wichtigen Kampf, der gewonnen werden kann!
9. Wir verlieren den Sinn des Lebens aus den Augen
Auch dies ist eine höchst gefährliche Realität: Durch „Eilmeldungen“ vergessen wir vor lauter „dringenden“ Dingen das, worum es wirklich im Leben geht. Wir müssen weise werden und lernen, die Dinge und unser ganzes Leben aus der Sicht Gottes zu sehen und zu priorisieren.
10. Wir haben Angst, etwas zu verpassen
Unsere Smartphones erleichtern es uns, uns zu vergleichen und neidisch zu werden. „Jedoch wird der Himmel jedes ‚Zukurzkommen‘ in alle Ewigkeit tausendfach ersetzen.“ (S. 187) Wir dürfen nicht aus dem Auge verlieren, dass diese Hoffnung real ist und dass wir Zeugen dieses Evangeliums sind. Anstatt uns darum zu drehen, ob wir etwas verpassen, sollte es vielmehr unsere Sorge sein, dass unsere Mitmenschen das ewige Leben verpassen könnten!
11. Wir werden hart zueinander
Unsere Smartphones machen es uns leichter, unsere Wut über andere öffentlich zu kommunizieren, um von Gleichgesinnten bestätigt zu werden. Handeln wir bei unserem Posten und Tweeten aus Liebe oder werden wir womöglich sogar zu Verleumdern (vgl. Jak 4,11-12)?
12. Wir verlieren unseren Platz in der Zeit
Durch die Ablenkungen unserer ständigen Begleiter besteht die Gefahr, dass wir aufgrund der Informationsflut emotional oberflächlich werden. Anstatt unsere Zeit auszukaufen (Kol 4,5), neigen wir dazu, unsere Zeit totzuschlagen. Wir haben auf dieser Erde nur dieses eine kurze Leben und wir sollten jede Sekunde davon sinnvoll nutzen!
Neben den Gefahren stellt Reinke vor allem auch Wege dar, wie wir in diesen verschiedensten Bereichen weise mit unseren Smartphones leben können. Mir gefällt seine Vorgehensweise, zuerst auf die weitverbreitete Realität sowie unsere natürlichen Tendenzen einzugehen, um anschließend einen besseren, weisen Umgang zu empfehlen. So schlägt er am Ende des elften Kapitels beispielsweise vor, uns als Christen keinen pessimistischen Facebook-Diskussionen hinzugeben, sondern uns vielmehr um einen geradezu provokativen Optimismus zu bemühen (S. 205; vgl. 1. Pet 3,15).
Fazit: Lesenswert!
Das Buch hat mir sehr geholfen, meinen Smartphonegebrauch mit allen seinen Chancen und Gefahren im Licht von Gottes Wort sowie mit Hilfe von vielen Denkern, Autoren und wissenschaftlichen Studien zu reflektieren. Auch wenn sich die letzten 30 Seiten nach intensivem Lesen im Urlaub aus dem Einband gelöst haben, rate ich unbedingt zu Kauf und gründlicher Lektüre dieses Buches!
[1] https://androidmag.de/report/wie-viel-zeit-verbringen-wir-auf-unseren-smartphones/ (abgerufen: 03.03.19)
2 Kommentare
Richtig gut, danke für die Empfehlung, Jan!
Guter Artikel!
Ich frage mich auch sonntags im Gottesdienst, was der Pastor denken muss, wenn ca. 1/3 der Zuhörer auf ihr Smartphone starren.
Immerhin sieht man von der Kanzel nicht, ob gerade Whatsapp, Facebook oder doch die digitale Bibel-App läuft.
Man sollte aus Respekt vor dem Redner sein Smartphone aus der Hand legen, meiner Meinung nach.
Mit einer klassischen, gedruckten Bibel gibt es diese Probleme nicht und es gibt auch keinen Ablenkungs-Faktor.
Übrigens hat der übermäßige Smartphone-Konsum auch gesundheitliche Schäden zur Folge.
Das Tragen eines Smartphones im Sport-BH beispielsweise kann bei Frauen Brustkrebs verursachen. (https://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/krebs/vorbeugung/handys-im-bh-brustkrebs-durch-handys_id_3467106.html)
Ebenso können u.a. Hirntumore entstehen ( https://www.spiegel.de/karriere/italien-gehirntumor-durch-handy-nutzung-erstmals-als-berufskrankheit-anerkannt-a-1144218.html ).
Dementsprechend sollte man ein Smartphone idealerweise nur nutzen, wenn es wirklich notwendig ist, und nicht zum Zeitvertreib.