„Ich bin es leid, sentimentale Reden über Ehe hören zu müssen.“
Schon der erste Satz im Buch „Ehe“ (engl. „The Meaning of Marriage”) von Timothy & Kathy Keller ist Programm. Was ist das größte Problem der Ehe in unserer westlichen Kultur? Dieser und einigen anderen Fragen wird in dem Buch nachgegangen. Tim Keller gibt dabei sowohl theologische als auch sehr praktische Hinweise zum Verständnis der Ehe.
In typischer Timothy-Keller-Manier wird hier die Wahrheit Gottes der Kultur gegenübergestellt, in der wir leben. Ausgangspunkt des gesamten Buches ist dabei der berühmte Abschnitt aus Epheser 5,18-33 über die Ehe. Keller stellt sich gegen eine romantisierende Sicht der Ehe und der Liebe generell. Er will sich nicht dem unterwerfen, was die Kultur und die Medien in uns bewirken wollen: Die große Selbsterfüllung auf Kosten des Anderen. Während Hollywood und mittlerweile auch der ZDF-Wochenfilm ein Bild von Liebe und Ehe vermitteln, in dem man selbst und die eigenen Wünsche und Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen, sieht Keller den Sinn der Ehe woanders: Ehe ist zutiefst mit Selbstaufopferung verbunden.
Ausgehend von Epheser 5,24-25 („Aber wie nun die Gemeinde sich Christus unterordnet, so sollen sich auch die Frauen ihren Männern unterordnen in allen Dingen. Ihr Männer liebt eure Frauen wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und hat sich selbst für sie dahin gegeben.“) zeigt er, dass das Opfer, das Christus für uns erbracht hat, uns zur eigenen Opferbereitschaft motivieren sollte. Dabei gibt er viele praktische Tipps über gegenseitige Missverständnisse, die Unterschiede zwischen Männern und Frauen oder die Tatsache, dass Menschen sich auch ändern können, nachdem man sie geheiratet hat.
In gewisser Weise „entzaubert“ Keller in seinem Buch die gängigen Vorstellungen darüber, was Ehe ist. Er stellt provokante Fragen: Was ist denn, wenn der geheiratete Traummann mit der Zeit einen Bierbauch entwickelt? Was ist denn, wenn die Ehe abkühlt? Was ist denn, wenn Frauen anfangen ihre Kinder mehr zu lieben, als ihren Ehemann? Was kann dann die Ehe tragen und was ist dann das größte Gut der Ehe? Die Entzauberung gelingt und hinterlässt eine bittersüße Note. In seinem Buch rüttelt Keller den Leser wach und macht ihm das eigentliche Problem deutlich: Selbstzentriertheit. Er macht klar: Viele Beziehungen und Ehen werden heute mit dem Ziel der größtmöglichen Selbstverwirklichung (Was kann ich daraus für mich gewinnen?) und der kleinstmöglichen Selbstaufopferung (Was muss ich dafür tun?) eingegangen. Die Suche nach dem „perfekten“ Partner wird in unserer Kultur zunehmend zur Obsession, die ewiges Glück verspricht und die Menschen doch zerstört zurücklässt, weil sie ein vollkommen unrealistisches Bild von Ehe präsentiert. Dieses Bild will Keller zerstören.
In gewisser Weise „verzaubert“ Keller die Ehe aber auch wieder. In Epheser 5,31-32 heißt es: „Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Groß ist das Geheimnis; ich deute es aber auf Christus und die Gemeinde.“ Obwohl Keller uns in seinem Buch unsere westlich geprägte Vorstellung von Liebe und Ehe nimmt, gibt er uns etwas Besseres zurück: Das Geheimnis der Ehe. Dieses Geheimnis deutete Paulus selbst auf Christus und die Gemeinde. Was bedeutet das? Keller will, dass wir etwas verstehen: In unserer Selbstaufopferung innerhalb der Ehe (das, was die Gesellschaft ja eigentlich nicht will) sind wir das größte und beste Beispiel dafür wie Gott sein Volk liebt.
Viele Filme stellen Liebe als ein Geheimnis dar, das durch möglichst viel Romantik, Emotion und schneller körperlicher Hingabe erkannt werden kann. Keller will in seinem Buch das wahre Geheimnis der Ehe aufzeigen: das Evangelium von der Selbstaufopferung Christi, die uns in der Ehe zum Vorbild dienen soll; vor allem dann, wenn es schwierig ist.
Keller, Timothy & Kathy. Ehe. Gießen: Brunnen-Verlag, 2014. 288 Seiten.
1 Kommentar
[…] hat eine Rezension von Kellers Buch „Ehe“ von Mario & Elsbeth Tafferner veröffentlicht. […]