Inhalt und Kontext des Evangeliums

von Stefan Hahn
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Unsere Gemeinde möchte in Zukunft aktiver dazu beitragen, das Evangelium in die Welt hinauszutragen. Dies ist eine gute Sache und ich hoffe, dass es noch mehr Menschen und Gemeinden gibt, die dieses Anliegen teilen.

Für uns war es auf alle Fälle Anlass genug, uns nochmals neu und intensiv mit dem Evangelium auseinander zu setzen. An diesen Überlegungen möchte ich euch gerne teilhaben lassen.

Unser Auftrag

Bitte schlagt als erstes Römer 10,12-18 auf (aufgrund der Länge des Textes, werde ich die meisten Bibelstellen nicht mit einfügen, sondern nur erwähnen. Es macht aber in jedem Fall Sinn, diese aufzuschlagen und zu lesen, um den Gedankengang im Artikel nachvollziehen zu können). Hier wird die Notwendigkeit und der Auftrag, das Evangelium zu verkünden, angeführt. Gott errettet die, welche glauben. Doch glauben können nur die, die seinen Ruf des Evangeliums hören. Auch wenn Gott souverän und nach seinem Vorsatz Menschen dazu erwählt hat, an IHN zu glauben, so hat er uns doch damit beauftragt, das Evangelium weiterzugeben, um dadurch Menschen wirksam zu berufen.

Der zentrale Inhalt des Evangeliums

Wenn wir die zentrale Botschaft des Evangeliums in einem Satz zusammenfassen wollen, fällt uns vermutlich 1. Korinther 15,3-4 ein: „Denn ich habe euch zu allererst das überliefert, was ich auch empfangen habe, nämlich dass Christus für unsere Sünden gestorben ist, nach den Schriften, und dass er begraben worden ist und dass er auferstanden ist am dritten Tag, nach den Schriften.“ Jesus Christus, sein Sühnetod am Kreuz und seine Auferstehung stellen das Zentrum des Evangeliums dar. Christus steht nicht nur im Zentrum des Evangeliums, sondern der ganzen Bibel. Alles weist auf IHN hin. Für uns gibt es keine wichtigere und relevantere Botschaft als Christus in seiner Herrlichkeit zu sehen und weiter zu erkennen.

Der Kontext des Evangeliums

Und obwohl somit der zentrale Inhalt des Evangeliums feststeht, müssen wir uns doch weiter damit auseinandersetzen, um zu verstehen, was alles zum Evangelium gehört und wie sein Kontext aussieht. In Apostelgeschichte 20,27 sagt Paulus „Denn ich habe nichts verschwiegen, sondern habe euch den ganzen Ratschluss Gottes verkündigt.“ Paulus spricht hier vom ganzen Ratschluss oder Heilsratschluss Gottes. Damit spricht er von der Geschichte Gottes mit den Menschen und mit seinem Volk, die ihren Höhepunkt in der Kreuzigung und Auferstehung Christi findet. Alles was bis dahin geschehen und in der Bibel – insbesondere im Alten Testament – überliefert worden ist, kann als Vorbereitung der Menschen auf Christus als den Messias angesehen werden. Dies stellt den Kontext des Evangeliums dar. Bei all diesen Geschehnissen gab es markante Eckpunkte, die im Besonderen als Vorbilder und Schatten auf das Erlöserwerk Christi am Kreuz hinweisen. Daher stellt sich für uns die Frage, was ein Mensch wissen muss, der noch nie von Christus gehört hat, um das Evangelium verstehen zu können – sehr wohl wissend, dass es nur Gott ist, der ihm die Augen für das Evangelium öffnen kann?

„Drive through“ – Bekehrungen in Peru

Um besser verstehen zu können, warum der Kontext des Evangeliums so wichtig ist, möchte ich eine kurze Geschichte aus meinem Leben erzählen:

Vor wenigen Jahren war ich für ein paar Wochen in Peru. Wir haben dort eine Bibelschülerin aus meiner damaligen Gemeinde besucht. Unter anderem haben wir für zehn Tage an einem Missionseinsatz teilgenommen – ohne zu wissen, von wem der Einsatz organisiert ist und wer alles daran teilnehmen wird.

Es handelte sich um ein Team von Ärzten und Krankenschwestern und ein paar Gehilfen, von denen ich einer war. Wir drangen von der Nähe Iquitos aus auf einem Nebenarm des Amazonasflusses mit einem Boot in den Dschungel vor und besuchten von dort aus verschiedene Dörfer am Fluss, um den Menschen medizinisch zu helfen, sie zu untersuchen, Zähne zu ziehen, Medizin zu verabreichen, aufzuklären etc.

Die meisten aus meinem Team kamen aus einem anderen Gemeindekontext als ich und hatten zum Teil Vorgehensweisen, die mir bis dato nicht wirklich geläufig waren. Eine davon möchte ich als „Drive Through Bekehrungen“ bezeichnen. Ihr kennt ja alle McDonald‘s und den dazugehörigen McDrive. Man fährt rein, bestellt, zahlt, bekommt die Ware und ist schon wieder weg. Ähnlich lief dies dort bei ihrer Art der Evangelisation ab. Da gab es eine Krankenschwester, die darin richtig gut war. Es kamen Patienten zu ihr und sie fragte, was ihnen fehlte. Nachdem sie über ihre Gebrechen Bescheid wusste, erzählte sie ihnen, dass es noch viel wichtiger wäre, an Jesus Christus zu glauben, weil er errettet und alles gut machen kann. Sie fragte dann direkt nach, ob sie wirklich in die Hölle kommen wollen oder doch lieber von Jesus errettet werden wollen und wollen, dass er bei ihnen alles gut macht. Wie erwartet sprachen sich die Patienten für Zweiteres aus und schon wurde ihnen von ihr im Namen Jesus Heil und neues Leben zugesprochen und das alles in weniger als zwei Minuten. Auf der Rückfahrt im Boot erzählte sie dann jeden Abend den anderen Teammitgliedern, wie viele Menschen sich doch heute bei ihr unter Jubel- und Hallelujarufen bekehrt hätten.

Ich hatte aber den Verdacht, dass keiner ihrer Patienten eine Chance hatte, das Evangelium zu verstehen und somit den Ruf Gottes zu hören. Niemand hatte sich die Zeit genommen, ihnen das Evangelium in Klarheit und in notwendigem Umfang zu erklären. Um das Evangelium zu begreifen und Gottes Ruf zu hören, ist es wichtig, dass wir uns mit der Botschaft der Bibel, der guten Nachricht, dem Evangelium d.h. mit dem ganzen Ratschluss Gottes auseinandersetzen.

Die Apostel verkündigten das Evangelium in seinem Kontext

Gott hat die Menschheit viele Jahre auf Jesus vorbereitet. ER hat ihnen viele Verheißungen, Schatten und Vorbilder auf Christus geschenkt, um die Notwendigkeit des Erlösungswerkes verstehen zu können. Diese Eckpunkte in der Geschichte Gottes mit uns Menschen stellen den Kontext des Evangeliums dar. Sie können auch als der rote Faden der Bibel bezeichnet werden, an denen der ganze Ratschluss Gottes deutlich wird.

Bitte lest euch folgende Bibelstellen durch, die uns die Bedeutung der Verkündigung des Kontextes des Evangeliums deutlich machen:

Der Missionsbefehl aus Matthäus 28,16-20 beinhaltet den Aufruf: „[…] und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe“.

Bei der Begegnung Jesu nach seiner Auferstehung mit den Emmausjünger in Lukas 24,13-36 lesen wir folgende Bemerkung: „Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war.“

Und dann kennen wir auch die Rede des Stephanus in Apostelgeschichte 7,2-54 als Beispiel für eine Verkündigung des Evangeliums in seinem Kontext. Hier können wir sehr gut sehen, wie Stephanus viele wichtige Stationen der Heilsgeschichte in der Bibel erwähnt und auf Christus hin auslegt. Er zeigt ihnen Gottes souveräne Führung durch die Zeit auf und wie die Menschen sich trotz Gottes deutlichem Wirken nicht zu IHM bekehren, sondern gegen IHN streiten und sich für die Sünde entscheiden. Bei dieser, wie bei den meisten anderen Verkündigungen des Evangeliums in der Apostelgeschichte, kann man sehen, dass es am Ende immer dieselbe Reaktion gab: „Es schnitt ihnen ins Herz“. Die Redner hatten den Menschen immer so umfangreich das Evangelium und den Ratschluss Gottes durch die Bibel hindurch verkündigt, dass sie verstanden, worum es den Aposteln ging. Es gab dann Menschen, die Gott zum Glauben berief (vgl. Apostelgeschichte 2,41) und andere, die das Evangelium und den Erretter verwarfen und deren Wut sich dann gegen die Apostel richtete, wie im Fall von Stephanus.

Auch der Kämmerer von Äthiopien in Apostelgeschichte 8,26-40 stellt ein gutes Beispiel dar, wie in diesem Fall Philippus ihm die ganze Schrift (insbesondere das Alte Testament) auf Christus hin auslegte. Nur so konnte er das Evangelium Jesus Christi verstehen.

Darüber hinaus macht Apostelgeschichte 28,21-27 deutlich, wie Paulus in der Verkündigung des Evangeliums vorging und den ganzen Ratschluss Gottes – das Evangelium in seinem Kontext – lehrte: „Da erklärte und bezeugte er ihnen das Reich Gottes und predigte ihnen von Jesus aus dem Gesetz des Mose und aus den Propheten vom frühen Morgen bis zum Abend.“

Bei den ersten Seiten der Bibel anfangen

Anhand dieser und anderer Bibelstellen können wir erkennen, dass „Drive Through Bekehrungen“ nicht dem biblischen Weg, den Gott uns als Auftrag geben hat, entsprechen. Vielmehr sind wir dazu aufgefordert, mit Hilfe des Wortes Gottes und deren Auslegung unseren Mitmenschen das ganze Evangelium, den ganzen Heilsratschluss Gottes offenzulegen und auf Christus hin auszulegen. Gott kann diese Verkündigung in seiner Souveränität nutzen, um Menschen die Augen zu öffnen und sie zum Glauben zu führen.

Gerade unsere Mitmenschen zeichnen sich mittlerweile immer mehr von einer tiefen Unwissenheit bezüglich der Bibel aus. Sie wissen nichts mehr von der Schöpfung und dem Sündenfall, weil ihnen täglich die Evolutionstheorie als einzige Möglichkeit unserer Entstehung eingetrichtert wird. Sie kennen keine biblischen Geschichten mehr, weil die Bibel zum Märchenbuch deklariert wird. Das bedeutet, dass sie den Kontext des Evangeliums nicht mehr kennen.

Wenn Paulus und die anderen Apostel hingingen und den Juden all die bedeutenden Stationen aus dem Alten Testament auf Christus hin auslegten und ihnen den roten Faden durch die Bibel aufzeigten, sollten wir das auch tun, oder? Das bedeutet: wir müssen unseren Freunden und Bekannten die Bibel von Anfang an erklären und die wichtigen Eckpunkte in der Geschichte Gottes mit den Menschen und seinem Volk auf Christus hin auslegen und ihre Bedeutung klar machen. Nur so haben sie eine Grundlage, das Evangelium verstehen zu können. Gott öffnet durch seinen Geist einem Menschen zwar die Augen, doch ER benutzt uns, um das Evangelium in seinem Kontext Menschen verständlich zu machen. Wir verkünden den allgemeinen Ruf des Evangeliums in seinem Kontext, wodurch Gott diejenigen wirksam beruft, die ER auserwählt hat.

Der rote Faden durch die Bibel

Und nun stellt sich für uns die Frage: Welche Eckpunkte sollten bei der Weitergabe des Evangeliums erwähnt und vom Zuhörer verstanden werden?

Es ist sehr wichtig für jeden von uns, zusammenzufassen und selbst zu verstehen, was alles zum Kontext des Evangeliums gehört – was der ganze Heilsratschluss Gottes beinhaltet. Denn wir sollen allezeit dazu bereit sein, jedem das Evangelium erklären und Zeugnis ablegen zu können: „Seid allezeit dazu bereit jedermann und jederzeit Zeugnis zu geben!“ (nach 1. Petrus 3,15).

In einem zweiten Artikel will ich mich noch intensiver mit dem „Wie“ auseinander setzen. Doch abschließend möchte ich die Eckpunkte aufführen, die zum Verständnis des Evangeliums sehr wichtig sind und die zum großen Teil aus dem Buch „Der rote Faden durch die Bibel“ von Stephen Lonetti übernommen worden sind:

  • Die Schöpfung
  • Der Sündenfall
  • Die Ausbreitung der Sünde
  • Die Sintflut
  • Die Glaubensväter und die Verheißungen (Das Volk Israel)
  • Sklaverei und Befreiung
  • Das Gesetz Gottes
  • Die Priester, die Opfer und die Stiftshütte (Bilder der Gnade)
  • Die Landeinnahme
  • Die Richter, die Propheten, die Könige (Warten auf die Hoffnung Israels)
  • Jesus der verheißene Messias
  • Die Werke Jesu Christi (Zeichen und Wunder)
  • Die Worte Jesu Christi (seine Lehre)
  • Jesu Tod und Auferstehung (im Zentrum der Geschichte)
  • Gottes Ruf nach Sündern
  • Ein Leben in der Nachfolge Christi

Nun bist du gefragt

Es ist wichtig, dass jeder für sich selbst eine Liste mit den wichtigsten Eckpunkten des Heilsratschlusses Gottes ausarbeitet und mit Bibelstellen belegt. Dabei stellt sich immer die Frage, wie dieses Ereignis auf Christus hin auszulegen ist. All unsere Verkündigung muss auf Christus als den Gekreuzigten zielen. Dieses Ereignis steht im Zentrum der Bibel und verbindet alle anderen Ereignisse, die uns aus der Bibel überliefert worden sind.

Jeder von uns muss den Kontext und das Evangelium verstehen. Genauso müssen unsere Zuhörer den Kontext verstehen, um das Evangelium verstehen zu können. Sie müssen verstehen, dass sie Sünder sind und warum sie Christus als ihren Retter benötigen. Und ja, diese Punkte mit einem Bekannten oder Freund durchzugehen, kostet unter Umständen viel Zeit. Und doch gibt uns die Bibel Hinweise darauf, dass dies der Weg ist, den Gott benutzt, um durch uns Menschen zu erreichen und ihre Augen für die Herrlichkeit in Christus und für die Errettung zu öffnen.

Ich kann dich daher nur ermutigen, dir selbst Gedanken über den Kontext des Evangeliums zu machen. Schreibe alle wichtigen Eckpunkte mit Bibelstellen auf und sprich sie mit deinem Pastor, einem Ältesten oder Bruder durch. Prüfe, inwieweit du in der Lage bist, diese Eckpunkte auf Christus hin auszulegen, d.h. den roten Faden durch die Bibel auf Christus hin zu sehen und anderen erklären zu können. Und dann möchte ich dir auch Mut machen, in der persönlichen Evangelisation auf deinen Zuhörer einzugehen. Versuche herauszufinden, wie viel er schon weiß und wo noch wichtige Grundlagen fehlen, um das Evangelium von Jesus Christus für die Errettung des Menschen verstehen und glauben zu können.

Zum Thema des Kontextes des Evangeliums gibt es übrigens hervorragende Bücher.

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