Lesen lohnt sich. Lesen führt uns näher an Gottes Herz, verändert uns in das Ebenbild Christi und rüstet uns für ein weises Leben in einer gefallenen Welt aus (siehe Teil 1). Aber wie genau machen wir das? Hier vier Tipps, wie du das praktisch umsetzen kannst:
1. Lies kontinuierlich
Kontinuierlich Lesen bedeutet regelmäßig zu lesen. Lies jeden Tag ein bisschen. Dabei ist es egal, wie viel du liest. Schnelligkeit ist beim Lesen nicht das Ziel. Für manche Bücher wirst du länger brauchen als für andere – das ist vollkommen okay! Viel wichtiger als Schnelligkeit ist Kontinuität. Finde heraus, wann du täglich 15 Minuten ungestörte Zeit zum Lesen hast. Ob vor der Arbeit, ob in der Mittagspause, oder kurz vor dem Schlafen gehen. Wie bei allem anderen auch: Wenn wir es nicht bewusst planen und Zeit dafür einräumen, werden wir es nicht machen. Wenn du jeden Tag 15 Minuten investierst, schaffst du am Ende auch das dickste Buch, indem du es in kleine Abschnitte aufteilst. Ganz nach der Redewendung: „Steter Tropfen höhlt den Stein“. Darum lies kontinuierlich.
2. Lies langsam
Dieser Tipp wird den meisten wahrscheinlich schwerfallen (mich eingeschlossen!): Reflektiertes, aktives Lesen braucht Zeit. Es kann sein, dass du manche Sätze ein zweites Mal lesen musst, oder dass es notwendig ist, Bibelstellen oder Fachbegriffe nachzuschlagen. Wenn du das Gelesene wirklich verstehen möchtest, musst du dir Zeit nehmen. Doch langsames Lesen hilft auch, wenn du ein Buch einfach nur genießen willst.
Englischprofessorin Karen Swallow Prior schreibt in ihrem Buch „On Reading Well“ dazu folgendes: „So wie eine herrliche Mahlzeit genossen werden will, sollten auch gute Bücher genossen und nicht überstürzt gelesen werden. Natürlich gibt es schlechte Bücher, die man einfach überfliegen kann, langsames Lesen lohnt sich hier nicht. Aber gewohnheitsmäßiges Überfliegen ist für den Geist das, was eine ständige Diät von Fast Food für den Körper ist.“[1] Wenn du reichhaltige Nahrung in Form von guten Büchern zu dir nimmst, dann ist Speed-Reading fehl am Platz. Wir lesen, um zu verstehen, um zu lernen und um zu wachsen. Darum lies langsam.
3. Lies aktiv
Hand auf‘s Herz: Könntest du das letzte Buch, das du gelesen hast, in ein bis drei Sätzen zusammenfassen? Und zwar so, dass es auch deine Oma oder ein 10-Jähriger verstehen könnte? Warum fällt uns das so schwer? Nun, vielleicht liegt es daran, dass wir nicht aktiv lesen. Wenn wir ein Buch lesen, nehmen wir das Wissen nicht einfach so auf, wie eine Pflanze Wasser aufsaugt. Lesen ist eher wie Teig kneten: Es erfordert Arbeit und Zeit. Wenn du gutes Brot haben willst, dann ist gutes Kneten unverzichtbar. Wissen will benutzt werden. Es will in unser Gehirn einmassiert werden. Wir lesen besonders aktiv, wenn wir mit Stiften, Markern und Notizbuch lesen.
Warum in Bücher schreiben?
Du fragst dich jetzt bestimmt: „Was?! Ich soll in mein Buch reinschreiben? Geht’s noch?!“ Ja, du hast richtig gehört. Hier noch einmal Karen Swallow Prior: „Die Vorstellung, dass Bücher nicht beschrieben werden sollten, ist ein unglückliches Überbleibsel aus unserer Grundschulzeit.“ Erinnerst du dich noch daran, wie in der Schule oft gesagt wurde: „Die Bücher gehören der Schule! Nächstes Jahr will die auch noch jemand verwenden, daher AUF GAR KEINEN FALL Notizen in die Schulbücher machen!“ Genau. Sonst Todesstrafe. „Das ist völliger Unsinn! Denn das beruht auf einer falschen Vorstellung davon, was ein Buch wirklich wertvoll macht. Der wahre Wert eines Buches liegt nämlich in seinen Worten und Ideen, nicht in seinen makellosen Seiten. Ein Freund (nämlich Tony Reinke) bemerkte weise, dass Leser nicht für Bücher gemacht sind – Bücher sind für Leser gemacht.‘“
Der Wert des aktiven Lesens
Wir wissen aus der Psychologie, dass wir Inhalte besser behalten, wenn wir sie als wichtig einstufen. Indem wir Sätze unterstreichen, Wörter markieren, oder Symbole an den Seitenrand schreiben, signalisieren wir unserem Gehirn: „Das ist wichtig! Das will ich mir merken! Das könnte ich in Zukunft nochmal brauchen!“ Unsere Bücher wollen benutzt werden. Sie sind Gebrauchsgegenstände. Daher kauf dir nach Möglichkeit „echte“ Bücher, mit „echten“ Seiten aus Papier, auf denen du markieren, unterstreichen und deine Gedanken schreiben kannst. Hier eine Idee, wie das aussehen könnte: „take it or leave it… or adapt it!“:
Markiere wichtige Inhalte
Wichtige Inhalte können wesentliche Argumente, Belege oder Gegenargumente sein. Wir sollten sie markieren, damit wir sie uns besser merken und dem Autor besser folgen können. Ich saß einmal im Flugzeug neben einem älteren Herrn, der ein philosophisches Buch über den Hinduismus las. Jedes Mal, wenn er eine Seite umblätterte, fiel mir etwas Leuchtendes ins Auge. Normalerweise würde ich nicht in die Bücher anderer Leute schauen (aus Respekt vor ihrer Privatsphäre), aber dieses Mal konnte ich nicht anders. Warum leuchteten seine Seiten so? Weil alles (und ich meine wirklich alles) mit einem leuchtend gelbem Textmarker markiert war! Beeindruckend! Wie er trotzdem noch konzentriert bleiben und das Wichtige vom Unwichtigen unterscheiden konnte, war mir ein Rätsel. Darum sollte man nicht alles markieren, sondern nur ein paar (wichtige!) Sätze pro Seite. Weniger wichtige Sätze, die du dir dennoch hervorheben willst, kannst du zum Beispiel unterstreichen.
Schreibe auf den Seitenrand
Nutze Symbole am Seitenrand, wenn du an diese Stelle zurückkehren willst.
• Wenn dich das Gelesene komplett umhaut und du es unbedingt noch einmal nachschlagen willst, dann kannst du das mit einem Symbol am Seitenrand hervorheben (z.B. „!!!“ oder „<3“).
• Wenn du zu dem Text eine Frage hast oder dir etwas unklar ist, dann zum Beispiel mit „?“ oder „hä?“ Du kannst aber auch deine eigenen Gedanken dazu an den Seitenrand schreiben. Wenn du zum Beispiel eine andere Meinung als der Autor hast, dann schreib das an den Rand und überleg dir, wie du ein Gegenargument formulieren würdest.
Mach dir Notizen
Während des Lesens oder hinterher: wenn du etwas unbedingt behalten willst (z. B. eine Idee oder ein Zitat), dann schreibe es in ein Notizbuch. Ich weiß, das kostet Zeit und etwas Überwindung, aber es lohnt sich. Für dich und für andere, denn, wenn dich jemand fragt: „Was für ein Buch liest du gerade?“ kannst du dein Wissen mit ihm teilen – das ist eine Form von Liebe. Darum lies aktiv.
4. Lies in Gemeinschaft
Suche eine Person (oder, wenn du sehr ambitioniert bist, eine Gruppe), jung oder alt, mit der du gemeinsam liest. Tauscht euch über ein Buch aus, das ihr aktuell lest oder lest einander vor. Selbst wenn ihr nicht dasselbe Buch lest, frage doch: „Was für ein Buch liest du gerade?“ oder „Kannst du mir ein Buch empfehlen?“ Sei bereit, von deinem Buch zu berichten, was dich ermutigt, oder herausfordert, oder wo du noch Fragen hast. Wie auch immer das gemeinsame Lesen aussehen mag, es muss keine einsame oder langweilige Sache sein! Darum lies in Gemeinschaft.
Lesen lohnt sich (wow, das wäre bestimmt ein guter Slogan für eine Supermarktkette…). Da aller Anfang schwer ist, kann es hilfreich sein, langsam anzufangen, aber kontinuierlich zu lesen. Bereits 15 Minuten pro Tag machen einen Unterschied! Damit wir die Inhalte auch wirklich verstehen und sie uns nachhaltig erhalten bleiben, lohnt es sich langsam und aktiv zu lesen. Wir lesen in Gemeinschaft, um uns gegenseitig anzuspornen und zu schärfen, als ein Ausdruck unserer Liebe füreinander.
Für mehr Tipps siehe Tony Reinkes Buch „Lit! A Christian Guide to Reading Books“. oder seinen Vortrag „23 Tips
from 23 Years of Book Reading“[3].
[1] Swallow Prior, Karen. On Reading Well (p. 9). Baker Publishing Group. Kindle Edition.
[2] Swallow Prior, Karen. On Reading Well (pp. 9-10). Baker Publishing Group. Kindle Edition.
[3] https://www.desiringgod.org/messages/23-tips-from-23-years-of-book-reading
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