Das ist Teil III einer Reihe zum Buch des Propheten Obadja (V.19-21). Hier findest du Teil I und II.
Dass Stolz immer Konsequenzen, ja letztendlich sogar Gericht mit sich bringt, hatte Gott Edom gleich zu Beginn des Buches Obadja angekündigt. Aber Stolz zerrüttet nicht nur unser Verhältnis zu Gott, indem wir Seine Herrschaft über unser Leben abschütteln wollen. Sünde zerstört auch unser Verhältnis zu unseren Mitmenschen und spiegelt uns an diesen Konsequenzen damit unseren Aufstand gegen Gott. Er kann, will und wird unseren Stolz nicht übersehen.
Doch im Gericht bleibt Gott nicht nur dabei, Edom wegen seines Stolzes anzuklagen; er ruft dieses Volk auf, umzukehren. Der Weg dazu liegt allerdings nicht darin begründet, dass die Edomiter schlichtweg ihr Verhalten ändern, nettere Menschen werden oder ihren Stolz bereuen. Edom, du, ich, wir alle – wir müssen Demut lernen:
Ich brauche Demut – weil Stolz einen Keil zwischen mich und Gott treibt
In seiner scheinbar dunkelsten, niederschmetterndsten Stunde gibt Gott Juda eine unbeschreiblich große Verheißung: Dieses unwichtige, kleine und gerade erst vor den Augen der ganzen Welt gedemütigte Volk wird weit über seine Grenzen hinauswachsen. Gerade erst hat Edom sich Teile von Judas Staatsgebiet einverleibt. Und plötzlich kündigt Gott an, dass in absehbarer Zeit Edom zu Juda gehören wird.
Der Grund dafür liegt nicht darin, dass Gott Rachefantasien hat, sondern, weil Edom, so wie es lebt, nicht in Gottes Land, nicht zu Gott selbst passt. Weil Edom das Land will, aber nicht Gott selbst. Edom ist zu stolz, um Gott lieben zu wollen. Darum kündigt Gott an:
„Bis an die Grenze haben dich getrieben alle deine Bundesgenossen; betrogen, überwältigt haben dich deine Freunde; die dein Brot aßen, sie legten eine Fußangel unter dir aus“ (V.7)
Edoms Verbündete, seine vermeintlichen Freunde werden es betrügen und auslöschen. Das ist dann auch tatsächlich so passiert: 30 Jahre nach Obadja hatte Edom nichts mehr zu lachen. Dieses Volk gab es nämlich nicht mehr. Die Babylonier hatten es besiegt, erobert und sein Land besetzt.
Ich brauche Demut – sie macht empfänglich für Gottes größten Segen
Wenn wir heute im Alten Testament vom „Land“ lesen, dann können wir im Kopf behalten, dass sich diese Versprechen tatsächlich im Neuen Testament in noch viel größerer und großartigerer Weise in der Person, dem Leben, Sterben und der Auferstehung von Jesus verwirklicht haben. Und wenn Gott verspricht, dass jemand den Segen des Landes erben und es besitzen wird, dann verspricht er ihm zuallererst, dass so jemand durch Glauben an Jesus Gottes Kind werden kann. Das Besondere am Land sind nicht Bodenschätze, viel Platz für jeden oder eine phänomenale Aussicht; Gott ist König in diesem Land. Das macht es besonders. Das ist es, was Edom nicht passt. Und darum verpasst Edom mit Gott den größten und wertvollsten Segen des Landes, weil es nicht zu Gottes Volk gehören will.
Wir alle kennen das Sprichwort: „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.“ So funktionieren wir Menschen ganz automatisch im Großen und Ganzen. So gehen wir auch als Christen viel zu oft mit dem Leid, der Sünde und den Schmerzen von Gottes Kindern um. Und gerade deshalb zeigt uns Gott durch das Evangelium hier einen veränderten Blick auf das Leid anderer: Nicht besser dran zu sein als der andere oder mehr haben, bedeutet Segen und wahre Größe. Sondern dass wir uns im Licht von Gottes Heiligkeit und unserer eigenen Sünde sehen. Dann erkennen wir demütig an, dass wir alle Gottes Gnade brauchen. Dann sagen wir: „Wer den Schaden des anderen mitträgt, braucht sich um Gottes Segen nicht zu sorgen.“ Demut bringt Segen mit sich, weil Gott selbst bei denen ist, die demütig sind: Deshalb dürfen wir mit einer stolzen Haltung nicht Gottes Segen erwarten. Aber mit einer demütigen Haltung dürfen wir auf Seine Gnade hoffen.
Ich brauche Demut – und muss sie von Jesus lernen
Der Ort, an dem wir Demut lernen, ist nicht dieses Land dort in Obadja; es ist die Gemeinde. Hier leben Menschen als Gottes Familie und Volk. Hier folgen sie Jesus nach. Dabei müssen wir eines im Kopf behalten: Wir leben nicht in der Gemeinde, weil wir alle bereits vollkommen demütig und liebevoll sind, sondern damit wir es werden. Das ist die Botschaft, die Gott durch Obadja damals an Edom gerichtet hat. Die Botschaft, die wir verinnerlichen müssen.
Wenn wir Demut lernen wollen, müssen wir uns vor allem und zuerst am Vorbild Jesu ausrichten. An Edom und Jesus sehen wir auch, dass es hier nur 2 grundsätzliche Wege gibt: Edom wurde schlussendlich gedemütigt; aber Jesus hat sich bewusst selbst gedemütigt. Er hat nicht kommentiert oder zugeschaut (Phil 2,3+5):
„In Demut achte einer den anderen höher als sich selbst […] Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war, der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein.“
Obadja schließt in Vers 21 mit dieser liebevollen Demut Jesu gegenüber den Stolzen, die das gar nicht verdienen:
„Es werden Retter hinaufziehen auf den Berg Zion, um das Gebirge Esaus zu richten. Und die Königsherrschaft wird dem HERRN gehören.“
Jesus ist der Retter, der nach Zion, Jerusalem, hinaufgezogen ist. Auf den Berg von Golgatha. Aber Jesus richtet und vernichtet Edom – uns – nicht. Stattdessen trägt er unsere Schuld und unseren Stolz demütig an ein Kreuz, damit wir an Ihn glauben und von unserem Stolz befreit werden:
- Deshalb müssen wir uns so dringend vor Augen halten, was unser Stolz Jesus gekostet, wie er sich für uns gedemütigt hat und wie groß das Geschenk ist, dass Gott uns macht, weil Jesus so demütig war.
- Darüber hinaus sollte unser tiefster Wunsch sein, dass Gott uns die Augen öffnet für unseren Stolz anderen und vor allem Ihm gegenüber. Das Wunderbare daran ist, dass wir Gott unseren Stolz bekennen und Ihn bitten dürfen, dass wir nicht so bleiben müssen, dass er uns verändert. Wir selbst können uns nicht dauerhaft von unserem Stolz befreien und schon Edom konnte das nicht. Obadja zeigt uns kein Selbsthilfepaket, sondern den einzigen Retter für stolze Menschen: nur Jesus befreit uns dauerhaft und tatsächlich von tief verwurzeltem Stolz.
- Durch diesen „kleinsten Propheten“ Obadja zeigt Gott uns, wie gefährlich die Konsequenzen unseres Stolzes sind, welchen Schaden er bei anderen anrichtet. Aber Er zeigt uns vor allem, wie schön es ist, zu erfahren, wie wir allein durch Jesus demütig und frei von Stolz werden können.