„Zerreißt eure Herzen und nicht eure Kleider und kehrt um zu dem HERRN, eurem Gott! Denn er ist gnädig, barmherzig, geduldig und von großer Güte, und es reut ihn bald die Strafe.“
Joel 2,13
Hast du schon einmal von dem Ort Leinster Gardens gehört? 1868 stand an diesem Ort ein großes Haus. Es wurde jedoch abgerissen, aufgrund der U-Bahn, die unten durchfuhr und an der Stelle, wo das Haus stand, Dampf ablassen musste. Alles wurde abgerissen, alles, außer der Fassade. Die Fassade des Hauses blieb bestehen, sozusagen als Trennmauer zwischen Straße und Öffnung für den Dampf. Ein Haus, das doch kein Haus war. Auch heute ist diese Fassade noch zu sehen und sie täuscht einen erschreckend gut. Wenn man die Fassade von vorne anschaut, dann könnte man tatsächlich meinen, dass da ein ganz normales Haus stehe. Wie gesagt, die Täuschung gelingt der Fassade außerordentlich gut.
Eine aufgebaute Fassade verherrlicht den Menschen
Dasselbe traf auch auf das Volk Israel zu, das der Prophet Joel in dem heutigen Vers anspricht. Er ruft ihnen zu: „Zerreißt eure Herzen und nicht eure Kleider!“ Was genau meint er damit? Nun, im Alten Testament finden wir immer wieder den Brauch, dass Menschen ihre Kleider zerreißen und Asche auf ihren Kopf streuen. Damit bekannten sie Trauer um die verschiedensten Dinge. Sie zeigten dadurch, wie ernst es ihnen mit der Situation war; also normalerweise… In Joels Aufforderung wird nämlich etwas deutlich: Israel lebte zwar die Form der Trauer aus, äußerlich schien es, als wäre es ihnen wirklich ernst. Doch innerlich lässt sich keine Ernsthaftigkeit finden. Sie trauern nicht um ihre Sünde. Es ist ihnen egal, ob sie sündigen. Sie sind wie das Haus in Leinster Gardens. Von außen könnte man meinen: „Das Volk meint es wirklich ernst. Es zeigt durch das Zerreißen der Kleider Trauer um ihre Sünde.“ Doch die Fassade täuscht. Dahinter kommt nichts mehr, außer stinkenden Abgasen und Dampf, denn im Inneren findet sich keine Trauer um Sünde.
Das Volk Israel tut an dieser Stelle etwas Gutes, das aber doch schlecht ist. Der Brauch des Kleiderzerreißens als solcher war nicht falsch; er sollte eigentlich eine innere Realität aufzeigen. Ihr Fehler bestand nicht darin, dass sie ihre Kleider zerrissen, sondern, dass sie darüber hinaus ihr Herz nicht zerrissen: Sie drückten äußerlich etwas aus, das nicht innere Realität ist.
Eine niedergerissene Fassade verherrlicht Christus
Ist das nicht immer wieder auch bei uns der Fall? Wir wurden durch Christus von unserer Sünde erlöst und werden von seinem Vater als Heilige und Gerechte angesehen. Und wir sollten ja auch dementsprechend leben. Doch das gelingt uns oft nicht. Und so laufen wir Gefahr eine Fassade aufzubauen, hinter der sich eine Öffnung zum U-Bahnverkehr befindet, wo Quietschen von Schienen stattfindet, Abgase aufsteigen und alles andere als ein schöner Anblick herrscht. Kurz gesagt: Wir geben vor etwas zu sein, das wir gar nicht sind. Zwar sind wir gerecht und heilig durch Jesus, doch wir sollten nicht vergessen, dass wir noch in dieser Welt leben. Unser Leben lang werden wir noch sündigen.
Unser Auftrag liegt also nicht darin, unsere Sünde zu verstecken und zu versuchen, als Heilige zu erscheinen. Unser Auftrag liegt vielmehr darin, die Sünde, die wir tun, zu bekennen, aber gleichzeitig auf den hinzuweisen, der sie uns vergibt: Jesus Christus. Hier gilt: Ein vorgegebener Lebenswandel deutet auf uns Menschen hin. Ein authentischer Lebenswandel deutet auf Christus hin.