Der Glaube einer 16-jährigen Königin

von Alyssa Riesen
0 Kommentar

Lady Jane irrt umher, fällt fast hin, die Augenbinde soll sie ironischerweise einigermaßen vor der Realität ihrer Situation schützen. Stattdessen sieht sie lächerlich aus, so wie sie rumstolpert, ohne ihr Ziel zu finden.

Es ist der 12. Februar im Jahr 1554. Jane ist gerade mal 16 Jahre alt und Tochter einer Adelsfamilie in England. Es ist aber nicht irgendeine Adelsfamilie: Jane ist die Cousine des englischen Königs, Edward VI., der vor kurzem verstorben ist.

Und obwohl sie eine Augenbinde aufhat, spielt sie nicht Blinde Kuh. Sie versucht nicht gerade eine Spielgefährtin zu fangen. Es ertönt kein Gelächter, Kichern oder Necken. Stattdessen ruft Jane verängstigt: ”Was soll ich tun? Wo ist er?” Gemeint ist der Enthauptungsblock. Und Jane ist dessen nächstes Opfer. Die Königin wird enthauptet.

Lady Jane Grey (Dudley) wuchs in einem strengen Elternhaus auf. Sie war Protestantin, genau wie ihr damaliger gleichaltriger König und Cousin Edward VI. Obwohl Jane in einem noblen Elternhaus aufwuchs, war ihr Leben nicht einfach. Sie beschreibt ihre Erziehung als so streng, dass sie sich manchmal die Hölle so vorstelle. Janes Stellung zum König wurde sehr oft von ihren Eltern zu ihren eigenen politischen Gunsten ausgenutzt und Jane wird (in der Hoffnung, dass sie später den König heiraten könnte) zu sehr intensiver Erziehung und Studium zum Königshof geschickt.

Gott befreit uns – auch wenn unsere Umstände uns gefangen halten

Im Rahmen ihrer strengen Erziehung, erfuhr Lady Jane aber den größten Segen ihres Lebens: Gott offenbarte sich ihr durch ihr strenges Studium alter Schriften (z.B. Augustinus), der Heiligen Schrift (auch in deren Originalsprache) und durch ihre protestantische Lehrerin Katherine Parr.

Jane fand in ihrer Unterdrückung wahre Gnade und Barmherzigkeit beim ewigen König. Von nun an las sie mehr und mehr in der Bibel und theologische Bücher, um ihren Glauben zu festigen. Und dieser feste Glauben kennzeichnete ihr junges und kurzes Leben.

Gott ändert unsere Perspektive – auch wenn nichts gut aussieht

Lady Janes irdisches Leben hatte sich aber nach ihrer Bekehrung nicht verbessert: Als offensichtlich wurde, dass der Monarch Jane nicht heiraten würde, zeigte sich die Machtgier ihrer Eltern darin, dass sie die eigentlich sehr sture Jane gegen ihren Willen zu einer lieblosen Ehe mit dem sehr wohlhabenden Lord Guildford Dudley zwangen.

Als der 15-jährige König Edward VI. verstarb, überraschte er die ganze Herrschaft und Bevölkerung mit einer bisher unbekannten Vermächtnisänderung: Er hatte Lady Jane zur Thronerbin bestimmt und nicht seine katholischen Halb-Schwestern („Bloody“) Mary und Elizabeth (später Elizabeth I.), um die protestantische Königsherrschaft zu schützen. Von der Nachricht überwältigt, fiel sie zunächst in Ohnmacht und lehnte dann stur die Krone ab. Durch die intensive Nötigung ihres Ehemanns, ihrer Eltern und einflussreicher Politiker, beschließt Lady Jane im Gebet, die Krone anzunehmen:

„Wenn das, was mir gegeben wurde, von Rechts wegen mein ist, dann möge die himmlische Majestät mir solche Gnade erteilen, dass ich zu Seiner Ehre und in Seinem Dienst regiere, zum Vorteil dieses Reiches.“

Die Krone ist jedoch ihr Todesurteil. Denn Bloody Mary setzt Jane mit Hilfe des Militärs innerhalb von neun Tagen ab und verleumdet Janes kurze Regierung als „Hochverrat“. Letztendlich wird die junge Jane aufgrund des Aufstands ihres Schwiegervaters, mit dem sie nichts zu tun hatte, zu Tode verurteilt, um sie als Gefahr zu beseitigen.

Und trotzdem schreibt Jane in diesem Zeitraum an ihre Schwester die Worte:

„Und so rührend mein Tod auch ist, freue dich, wie ich mich freue, gute Schwester, dass ich von dieser Verdorbenheit befreit werde, und die Unverdorbenheit erhalte. Denn mir wird versichert, dass ich für den Verlust eines sterblichen Lebens ein unsterbliches Leben gewinnen werde.“

Gott gibt uns Frieden und lässt uns ein Zeugnis sein – auch wenn jeder uns angreift

Janes bevorstehende Enthauptung steht nun fest. Aber Königin Mary hält es noch für nötig, Jane und ihre Verwandten vor ihrer Hinrichtung zum Katholizismus zu bekehren. Jane sieht mit großer Trauer zu, wie einige ihrer Verwandten ihren so geliebten Glauben leugnen. Und schließlich, wird auch ihr Glaube geprüft. John Feckenham ist Mönch und geistlicher Berater der Queen, also sozusagen der Super-Heilige seiner Zeit. Der hat eine (so dachte er zumindest) geniale Idee: Er will Jane vor einem Publikum über die Fragen der Werksgerechtigkeit zur Debatte ziehen und sie somit demütigen und seine eigene theologische Überlegenheit unter Beweis stellen. Was er aber nicht erwartet, ist Janes Standhaftigkeit und tiefe Liebe und Bekenntnis zur Schrift. Hier ein Auszug:

Feckenham: „Braucht man als Christ nichts anderes, als an Gott zu glauben?“

Jane: „Ja. Wir müssen an Ihn glauben, wir müssen Ihn lieben, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Verstand, und unseren Nächsten wie uns selbst.“

Feckenham: „Also genügt unser Glaube sowohl für unsere Rechtfertigung als auch unsere Errettung?“

Jane: „Ja, wahrhaftig, der Glaube (wie Paulus sagt) allein rechtfertigt.“

Feckenham: „Aber Paulus sagt, dass wenn ich den ganzen Glauben der Welt habe, ohne Liebe ist dieser nichts.“

Jane: „Das ist wahr, denn wie kann ich ihn lieben, dem ich nicht vertraue, oder wie kann ich ihm vertrauen, den ich nicht liebe; Glaube und Liebe stimmen immer überein, und doch wird Liebe im Glauben verstanden.“

Jane bleibt standhaft und weigert sich, ihren Glauben an einen gnädigen Gott aufzugeben. Trotz seiner Niederlage ist Feckenham überwältigt von Janes lebendigem Glauben und es entwickelt sich eine Freundschaft zwischen ihnen. Er bittet Jane sogar, ihre persönliche, geistliche Begleitung auf dem Weg zu ihrer Hinrichtung sein zu dürfen!

Gott gibt uns ein reines Herz

Nun ist es soweit. Jane wird zu ihrer Hinrichtung geführt und wird um ihre letzten Worte an die Welt gebeten. Zum Schluss bezeugt sie Gottes Wirken in ihrem Leben:

„Ich bitte euch alle, gute Christen, zu bezeugen, dass ich als wahre christliche Frau sterbe und dass ich mich danach sehne, durch nichts anderes als durch die Barmherzigkeit Gottes im Blut Seines einzigen Sohnes Jesus Christus gerettet zu werden.
Und ich bekenne, dass, als ich das Wort Gottes kannte, ich es trotzdem vernachlässigt habe und mich selbst und die Welt geliebt habe; und mir deshalb diese Plage und Strafe (der Tod) gerecht für meine Sünden widerfährt. Und doch danke ich Gott, dass Er mir aus seiner Güte heraus Zeit und Gelegenheit gegeben hat, Buße zu tun. Und nun, liebe Leute, während ich lebe, bitte ich euch, mich mit euren Gebeten zu begleiten.“

Was wir von Janes Leben lernen können

Was mich an Jane fasziniert, ist ihre absolute Gewissheit der Gnade Gottes! Selbst mit ihren gerade mal 16 Jahren, bezeugt ihr ganzes (qualvolles) Leben und selbst ihre ungerechte Hinrichtung,

„dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Mächte, weder Höhe noch Tiefe, noch irgendein anderes Geschöpf uns wird scheiden können von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“

Röm 8,38-39

Von Biografien wie der Jane Greys lernen wir, wie Gott in und über unser Leben hinaus wirkt: Denn Gott gebrauchte ihr strenges Studium zuerst, um sie zu sich zu führen und ebenso, um ihr die Möglichkeit zu geben, ihren Glauben zu festigen. Genau darum dürfen auch wir dankbar sein, dass Er uns auch die Möglichkeit gibt, uns in Sein Wort zu vertiefen und immer mehr von Seinem Wesen zu erfahren! Schließlich wirkt Gott durch Sein Wort, um unsere Herzen auf geistliche Kämpfe und Stürme vorzubereiten, sodass wir mit Seinem Wort bekennen dürfen:

„Auch wenn ich wandere im Tal des Todesschattens, fürchte ich kein Unheil, denn Du bist bei mir; Dein Stecken und Dein Stab, sie trösten mich.“

Ps 23,4

Wenn du des Englischen mächtig bist, kannst du hier…

…vorbeischauen.

Auch interessant

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Cookies. Wenn Du die Seite weiter benutzt, gehen wir von Deinem Einverständnis aus. OK