Hans-Werner Deppe ist Gründer und Verlagsleiter des Betanien Verlags. Anlässlich zweier wichtiger Neuerscheinungen haben wir ihm eine geballte Ladung Fragen diesbezüglich und zu seiner Arbeit als christlicher Verleger im Allgemeinen gestellt:
Werner, wie kamst du dazu, in der christlichen Verlagsarbeit tätig zu werden?
Vor meiner Bekehrung als Student mit 24 Jahren war ich fasziniert von New Age und Grenzwissenschaften, Chaosforschung und so weiter, und habe viele Bücher darüber verschlungen. Dann kam die Bekehrung und mein Hunger nach informativen Büchern wurde dann durch christliche Literatur gestillt. Der Verlag CLV war ganz in der Nähe meiner ersten Studentenwohnung, ich wurde dort ehrenamtlicher (und später auch vollzeitlicher) Mitarbeiter und war so mittendrin in der christlichen Bücherbranche.
Was ist dein vorrangiges Anliegen mit deinem Dienst?
Das ist eigentlich sehr gut in Epheser 4,12 auf den Punkt gebracht: „… zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes Christi.“ Oder auch die Bitte aus dem Gebet des Herrn: „… dein Reich komme“, es kommt nämlich (innerlich und unsichtbar, nicht im politischen Sinne) durch die Verbreitung des Evangeliums von Jesus Christus und der gesunden Lehre über Gott und seinen „ganzen Ratschluss“.
Was braucht ein christliches Buch, damit du es verkaufen und/oder auf den Markt bringen würdest?
Ein bekannter und bewährter Autor ist schon mal ein wichtiger Faktor (von daher haben es neue Autoren schwierig). Bibeltreue ist hier absolute Grundvoraussetzung. Das Buch sollte nützlich sein und ein Thema behandeln, zu dem es nicht schon genug andere Publikationen gibt. Es sollte aber auch literarisch gut geschrieben sein, denn das Lesen fällt den Leuten heute schon schwer genug; das Lesen muss Freude machen – auch an einer geistreichen Sprache.
Was waren die freudigsten Anlässe während deiner verlegerischen Tätigkeit?
Am schönsten ist natürlich, Feedback zu bekommen, dass jemand durch ein Buch zur Umkehr und zum Glauben an Jesus gefunden hat. Da wir auch evangelistische Literatur herausgeben, war das auch schon der Fall. Ab und zu bekommen wir Rückmeldungen von Lesern, die sehr von unserer Literatur profitiert haben. Das ist immer eine große Ermutigung.
Gab es auch Rückschläge und Tiefpunkte?
Das wirtschaftliche Fortbestehen ist schon ein etwas nerviger Kampf. 2016 hatten wir ein ganz schwieriges Jahr, weil der neue Onlineshop nicht richtig funktionierte, wir im Google-Ranking tief absackten und Kunden frustriert über technische Probleme waren. Technische Anforderungen und Bürokratie werden auch immer schwieriger zu stemmen. Natürlich gibt es auch geistliche Kämpfe und Angriffe von Andersdenkenden, aber das sehe ich eher als motivierende Herausforderung.
Liebe deinen Körper und Tiefer graben: Wie sind diese beiden Buchprojekte entstanden?
Liebe deinen Körper wurde mir von Hanniel Strebel sehr ans Herz gelegt und die ganze Gender- und Homo-Problematik ist ein sehr wichtiges Thema – wo es leider auch unter Evangelikalen Dammbrüche gibt. Bei Tiefer graben wurde von Josia gewünscht, dass wir es herausgeben. Und da das Buch mein Hauptanliegen trifft – jungen Leuten das Bibelstudium lieb zu machen und ihnen darin weiterzuhelfen – fiel mir die Entscheidung dafür nicht schwer.
Was sind ihre vorrangigen Anliegen?
Bei Liebe deinen Körper ist es wirklich hochinteressant zu sehen, welche Verachtung des Körpers sich in der modernen Kultur breit gemacht hat. Das widerspricht total der guten Schöpfungsordnung Gottes und ist im Grunde das gnostische Denken der Antike, das Johannes zufolge auch den Antichristen kennzeichnet. Durch das evolutionistische Denken wird alles Stoffliche letztlich sinn- und ziellos. Wir müssen zurück zu dem Denken, dass die Schöpfung einschließlich des menschlichen Körpers zur Ehre Gottes dienen soll. Hier haben Christen eine riesige Chance zum Zeugnis.
Tiefer graben hilft, die Bibel so zu verstehen, wie Gott sie gemeint hat. Heute wird die Bibel oft oberflächlich, zusammenhanglos und subjektiv-erfahrungslastig gelesen. Ein Vers soll mir ein gutes Gefühl geben. So redet aber nicht der Heilige Geist zu mir, sondern er redet, indem ich die objektive Bedeutung des Bibeltextes verstehe (und diese dann individuell auf mein Leben anwende). Durch seine Werkzeuge zum Bibelstudium hilft Tiefer graben also, dass Gottes Reden in meinem Leben wirklich wirksam wird.
Welchen Personen würdest du die Bücher besonders ans Herz legen?
Liebe deinen Körper vor allem Verantwortungsträgern in Gemeinden, Schulen usw. Der Einfluss der gnostischen Weltanschauung ist so massiv in evangelikale Kreise eingedrungen, dass Führungspersonen unbedingt gewappnet sein müssen, aber das gilt eigentlich für alle Christen. Tiefer graben richtet sich an junge Leute von etwa 16 bis 30 Jahren – und ich würde sagen, jeder junge Christ sollte dieses Buch lesen. Aber auch andere Christen können sehr davon profitieren – insbesondere, wenn sie sich fragen, wie sie mehr Gewinn aus dem Wort Gottes ziehen können.
Liebe deinen Körper – das klingt ja wie ein Gebot: Ist das der Kerngedanke des Buches – quasi der Auftrag zu „Selbstliebe“?
Der englische Titel Love thy Body klingt tatsächlich noch mehr an die Zehn Gebote an. Aber der Titel hat tatsächlich schon zu Irritation geführt. Vielleicht ist er wirklich nicht die beste Wahl. Um Selbstliebe geht es eigentlich überhaupt nicht, dann hätten wir das Buch auch nicht herausgebracht. Die Kernaussage ist: Die Welt mit ihrer Befürwortung von Abtreibung, Homosexualität, Geschlechtsumwandlung, „freiem“ Sex, Euthanasie, Tätowierung, Einäscherung usw. verachtet den Körper, das biblische Christentum hingegen lehrt eine Hochachtung des Körpers, da der Mensch als Einheit von Geist/Seele und Leib im Bild und zur Ehre Gottes geschaffen wurde. Z.B. ist der kostbare Rahmen, den die Ehe für die Sexualität darstellt, als Bild für die Beziehung zwischen Christus und der Gemeinde eine extreme Aufwertung der Sexualität; die weltliche Sexualethik hingegen mit ihrer Pornografie, Prostitution und Promiskuität bedeutet eine schreckliche Abwertung des Körpers als Objekt. Wirkliche Liebe zum Körper (des eigenen und der anderer) zeigt sich darin, dass wir ihn nach Gottes Willen zu seiner Ehre gebrauchen.
Viele christliche Bücher, die ich zu diesem Themenkreis kenne, zeigen (berechtigt) Probleme an solchen Denkweisen und den entsprechenden Lebensweisen auf. Allerdings vermisse ich manchmal eine konstruktive, christlich durchdachte Alternative. Wie macht Pearcey das?
Haha, ja – gemäß der biblischen Sexualethik zu leben, kann man tatsächlich als „alternativen Lebensstil“ bezeichnen. In diesem Sinne sind Christen wirklich gegenkulturell, wie Pearcey deutlich macht. Sie schwimmen gegen „den Strom der Heillosigkeit“ (1Petr 4,4). Sie zeigt das auch sehr gut praktisch und konstruktiv auf. Nicht nur, indem man selbst nach dem biblischen Gebrauch des Körpers strebt und an eine objektive Wahrheit glaubt – die durch die Bibel dargelegt ist, sowie durch die Biologie (das Geschlecht) objektiv festgelegt ist. Sondern auch, indem man denen, die unter den Folgen der falschen Weltanschauung leiden und selbst betroffen sind, Barmherzigkeit erweist, sie annimmt und ihnen hilft. Das ist heute allerdings wirklich „alternativ“ und leider schon teilweise verboten.
Tiefer graben ist ja „nur“ 176 Seiten dick: Bekommt man so anspruchsvolle Materie überhaupt auf so wenigen Seiten ordentlich präsentiert?
Man kann natürlich beliebig dicke Bücher über Hermeneutik und Exegese schreiben, aber das Wichtigste ist in diesem Buch hervorragend zusammengefasst, und dazu noch leicht verständlich und gut praktisch umsetzbar, sogar mit Praxisbeispielen zu jedem Kapitel. Die Kunst des Herunterkondensierens umfangreichen Stoffes beherrscht nicht jeder Autor, aber die beiden Autoren von Tiefer graben tun es.
Ist Bibelauslegung nicht nur etwas für Pastoren, Prediger und Hauskreisleiter?
Nein, warum? Die haben natürlich eine besondere Verantwortung und die verbindliche Verkündigung in der Gemeinde hat einen besonderen Stellenwert. Aber wir glauben doch an das allgemeine Priestertum. Ein Priester ist jemand, der Zugang zu Gott hat. Spätestens seit Pfingsten gilt das für alle Gläubigen. Alle können die Erkenntnis Gottes haben (Joh 6,45; Jer 31,34), und diese Erkenntnis kommt aus seinem Wort. Es ist ein Vermächtnis der Reformation, dass jeder Gläubige Zugang zur Bibel und die Möglichkeit des Bibelstudiums hat. Und dieses Vermächtnis müssen wir unbedingt bewahren und kultivieren.
Hand aufs Herz: Ist der Verkauf solch anspruchsvoller Bücher überhaupt rentabel?
Gute Frage. Ich bin eigentlich ein schlechter Kaufmann und habe noch nicht wirklich analysiert, wovon wir wirtschaftlich eigentlich leben und wo wir letztendlich drauflegen. Es fehlt auch an der „Vermarktung“ – damit meine ich, die Bücher müssten eigentlich mehr beworben und empfohlen und verbreitet werden. Deshalb schon mal Dankeschön für die Möglichkeit dieses Interviews ?. Aber harter Fakt ist, dass die Kosten von Übersetzung, Lektorat, Grafik, Druck, Lizenzen, Lagerung, Logistik usw. erst nach mehreren tausend verkauften Exemplaren wieder hereinkommen. Und bei solchen Büchern ist es schwierig, überhaupt die ersten Tausend Stück abzusetzen. Aber der Herr hat bisher immer für alles gesorgt.
Was würdest du unseren Lesern empfehlen, die sich damit schwertun, in ihrer Freizeit auch mal einen Wälzer wie Liebe deinen Körper zu lesen?
Man muss sich natürlich für das Thema interessieren. Ich könnte auch keinen Wälzer über Kosmetik oder Hundehaltung lesen. Aber für Christen ist es wichtig, sich für solche und andere lehrmäßige Themen zu interessieren. Deshalb sollten sie beten, dass Gott ihre Interessen in die richtige Richtung lenkt. Ein riesiger Faktor ist heute die Konzentrationsschwäche aufgrund der Smartphonenutzung und anderer digitaler und bildlastiger Medien. Auch hier ist Gebet und oft auch Lebensstiländerung und Disziplin nötig. Das Christentum ist eine Wort- und Buchreligion, und wenn das biblische Christentum eine Zukunft haben soll, muss unbedingt die Lesekultur wieder aufgepäppelt und gepflegt werden.
Wo siehst du Potential und wo Korrekturbedarf auf dem christlichen Büchermarkt?
In den letzten zwei Jahrzehnten sind große christliche Verlagshäuser und Buchhandelsunternehmen massiv von ursprünglich konservativen Standpunkten abgerückt. Dadurch ist eine enorme Lücke entstanden. Eine „konservative Mitte“ gibt es auf dem christlichen Buchmarkt eigentlich nicht mehr. Es wäre eine Herausforderung, diese klaffende Lücke auszunutzen, aber vielleicht wäre das auch der falsche Weg. Möglicherweise ist die bestehende Polarisierung (einerseits große, liberal gewordene Unternehmen und andererseits viele kleine konservative) auch gut so, damit man sich positionieren muss. Wir wollen jedenfalls ein klares bibeltreu-reformatorisches Profil beibehalten und Leser bedienen (sowie neue gewinnen), die durch solche Literatur geistlich wachsen und zugerüstet werden, um dem Herrn und seiner Gemeinde nützlich zu sein.
Was wünscht du den Lesern „deiner“ Bücher?
Dass ihnen auch durch unsere Literatur der Herr Jesus und seine wunderbaren Werke, Pläne, Ratschlüsse und Wesenszüge immer wichtiger und lieber werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die beiden Bücher könnt ihr preiswert im Onlineshop des Betanien Verlags bestellen. Werner wird auf der nächsten Josia-Konferenz auch wieder mit einem Verkaufsstand und speziell für euch handverlesenem Sortiment dabei sein.
Bist DU eigentlich schon angemeldet?
Wenn nicht, dann nimm dir gleich Zeit dafür. Wir freuen uns auf dich!