„Bleib‘ wie du bist!“ – ein guter Wunsch?

von Bernice Depner
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Vor einigen Tagen benutzte ich einmal wieder meine Blackroll (Schaumstoffrolle), weil ich auf eine Linderung meiner Rückenschmerzen hoffte. Natürlich kann man ohne regelmäßiges Training nicht viel erwarten, da muss man schon dranbleiben. Jedenfalls rollte ich zur Massage einfach ein bisschen hin und her und hielt dann bei Stellen an, die weh taten – und wie sie weh taten. Während ich die Schmerzen spürte, hoffte ich, dass meine Faszien (Bindegewebe, das den ganzen Körper durchzieht) sich etwas entspannen würden, damit der Schmerz nachlässt. Aber das dauert. Bevor sie sich entspannen können, müssen sie erst gelöst werden und dabei soll die Blackroll helfen. Viele Menschen haben Faszien, die nicht entspannt, sondern verklebt sind und das verursacht Schmerzen. Sie müssen gelöst werden, damit eine bessere Vitalität und ein gesünderer Rücken gewährt werden können. Viele wissen das jedoch nicht oder wollen sich nicht die Mühe machen, etwas zu ändern.

Was hat das mit uns zu tun?

Ist es nicht so ähnlich mit uns Menschen? Wir haben verklebte Sünden in unsrem Herzen, die gelöst und beseitigt werden müssen. Vielleicht geben wir uns schnell auch einmal damit zufrieden, dass wir Sünder sind und demnach sündigen. Aufgrund unserer sündigen Natur können wir auch nicht komplett aufhören zu sündigen – zumindest nicht hier auf dieser Erde. Das bedeutet, wenn wir z.B. ein Problem mit Zorn haben oder vielleicht häufig schlecht über andere hinter ihrem Rücken reden (vielleicht hast du auch mit etwas ganz Anderem zu kämpfen), geben wir uns keine große Mühe, das zu ändern.

Oder aber wir bemerken die Sünden in unserem Leben gar nicht mehr, weil wir uns schon so daran gewöhnt haben. Doch wir dürfen und sollen Gott darum bitten, dass er uns aufzeigt wie es in unserem Herzen aussieht. Wir dürfen ihn bitten, dass er uns unsere Sünde aufzeigt, wo wir sie nicht (mehr) sehen. Ich durfte das in meinem Leben erfahren. Ich bat Gott, mir meine Sünden aufzuzeigen und es war erschreckend, was ich fand. Ich sah, wie stolz ich doch bin, wie egoistisch ich denke und wie unbarmherzig ich oft mit anderen umgehe, die nicht in mein Schema passen. Ich erkannte immer mehr, dass ich Gott nicht die Ehre gebe, die ihm zusteht und es auch gar nicht kann und das deprimierte mich. Ich denke, es ist gut und wichtig, über seine Schuld traurig zu sein, aber es ist auch wichtig, nicht bei der Trauer stehen zu bleiben. Dave Harvey hat in einem seiner Bücher geschrieben:

„Wenn Sünde nicht bitter ist, wird Christus nicht süß.“

Wir müssen unsere verklebten Sünden sehen, damit Gottes Gnade in uns umso größer wird.

Der Prozess des Läuterns

Was ist jetzt aber mit unserer Sünde? Gott hat uns erlöst und nimmt uns an, wie wir sind, aber er möchte nicht, dass wir so bleiben, wie wir sind. Deshalb sollten wir uns eigentlich nicht sagen

„Bleib‘ wie du bist“, sondern „Bleib‘ nicht, wie du bist, sondern lass‘ dich verändern“.

Warum? Gott möchte, dass wir in der Heiligung wachsen (Eph 2,10; 5,1; 1Petr 1,15f.; 1Joh, 2,3-6; etc.). Was bedeutet Heiligung? Heiligen bedeutet absondern – sowohl von als auch für etwas. Denn wenn etwas verschwindet, kommt etwas Neues an seinen Platz. Paulus schreibt im Epheserbrief, dass die Gläubigen den alten Menschen ablegen und den neuen Menschen anziehen sollen. Das ist keine einmalige Sache – die Heiligung beginnt ab dem Zeitpunkt des Christwerdens und dauert ein ganzes Leben lang. Jay E. Adams schreibt in seinem Buch Keine Angst vor Theologie:

„Heiligung – in dem Sinne verstanden, dass man den alten Menschen ablegt und stattdessen den neuen anzieht, indem man sündige Verhaltensmuster durch ihre biblischen Alternativen ersetzt – ist kein einmaliger Akt, sondern ein Prozess.“

Heiligung bedeutet also sich von dem sündigen Denken und Verhalten abzuwenden und sich stattdessen dem Denken und Handeln zuzuwenden, das dem Willen Gottes entspricht. Er möchte uns immer mehr in das Ebenbild Jesu verändern. Und dazu muss er unsere verklebten Sünden lösen. Das tut weh, denn Gott drückt auf unsere wunden Punkte, um uns seinem Sohn ähnlicher zu machen. Heiligung und Blackroll-Training haben also auch gemeinsam, dass beides ein Prozess ist. Nur, dass wir bei der Heiligung kein rückenschmerzfreies Leben anstreben, sondern ein Leben, das Christus ähnelt und Gott ehrt. Ein Silberschmied hält sein Silber über die heißeste Stelle des Feuers, um die Schlacken zu entfernen. Woher weiß er aber, wann das Silber vollständig geläutert ist? Die Antwort ist: Bis er sein Spiegelbild darin sieht.

Und genauso arbeitet Gott auch in und an uns. Er hält uns manchmal über die heißeste Stelle im Feuer. Er lässt uns also beispielsweise sehr harte Zeiten durchmachen. Und wo wir meinen, dass wir verbrennen, dort reinigt Gott uns, um uns immer mehr in das Bild seines Sohnes zu verändern.

Verändert von einem fürsorglichen Hirten

Ich will uns ermutigen, dass wir, wenn wir vielleicht gerade in einer „heißen Zeit“ sind, Gott vertrauen, dass er uns nicht verbrennen lässt, sondern etwas Größeres im Sinn hat. Seine Gedanken und Wege sind höher als unsere. Timothy Keller schreibt:

„Wenn die größte Macht im Universum sich wie ein Hirte um uns kümmert, dann können wir wirklich ohne Angst und Sorge leben.“

Wir dürfen Gott vertrauen, dass er auch in unserem Heiligungsprozess die Oberhand hat und dass, auch wenn es weh tut, uns alles zum Guten dienen wird (Röm 8,28). Lasst uns dranbleiben, Gott darum zu bitten, unsere verklebten Sünden in unserem Leben aufzuzeigen und sie zu lösen und zu beseitigen; in dem Wissen, dass dies mit Schmerz verbunden sein wird. Aber was daraus entsteht, ist den Schmerz wert – es ist ein Leben in der Heiligung, das Gott ehrt und auf ein ewiges Leben in der Vollkommenheit hinstrebt: Ein Leben in der Herrlichkeit Gottes!

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