Was soll ich studieren? Welchen Job soll ich annehmen? Wen soll ich heiraten? Wo soll ich wohnen? In welche Gemeinde soll ich gehen? Dies sind große und wichtige Lebensfragen, die uns umso mehr beschäftigen je älter wir werden. Natürlich sollen wir nicht leichtfertig damit umgehen, da sie große Lebensänderungen mit sich bringen. Aber ich glaube, wir befinden uns heute in einer Lage, wo Unentschlossenheit ein chronisches Level erreicht hat. Wir wirken vor Entscheidungen wie paralysiert. Wir wissen nicht, was wir tun sollen. Daraus folgt, dass wir entweder wichtige Entscheidungen bis auf weiteres aufschieben oder wir geraten in eine endlose Spirale von Unverbindlichkeit.
Warum wir uns in so einer Lage befinden, hat verschiedene Gründe und eine einfache Antwort gibt es nicht. Aber einen Aspekt möchte ich aufgreifen, der meines Erachtens doch bei vielen Entscheidungen unterschwellig eine große Rolle spielt. Es scheint, dass vergangene Generationen das Problem des Entscheidens – oder nicht-Entscheidens – nicht hatten. Sie wussten viel früher, was sie mit ihrem Leben tun wollten. Sie haben Entscheidungen anscheinend viel schneller und einfacher getroffen. Warum? Sie hatten nicht so viele Optionen. Wir haben dagegen manchmal einfach zu viele. Das ist in sich nicht schlecht. Aber es macht unser Leben komplizierter. Wenn mir nur eine Eis-Sorte angeboten wird, wähle ich diese ohne weiteres und genieße das Eis. Wenn ich mich aber bei fünf verschiedenen Sorten für eine entscheiden muss, dann wird das Leben in dem Moment kompliziert. Ihr kennt das, oder? Noch nicht? Dann geh heute Abend in ein Restaurant und nimm die Speisekarte in die Hand…
Der Punkt ist: Eine Vielfalt an Optionen bedeutet, dass ich bei der Wahl einige Dinge ausschließen muss. Indem ich eine Entscheidung für etwas treffe, sag ich „nein“ zu allen anderen Optionen. Das führt meistens zu folgendem Gedanken: War das jetzt die richtige Wahl? Oder habe ich was Besseres verpasst? Bei meiner Eis-Wahl mag es nicht so schlimm sein, aber wenn es um den Ehepartner, das Studium oder den Job geht… dann ist das eine andere Nummer. Ich möchte nicht neben der falschen Person aufwachen oder den falschen Karriereweg eingeschlagen haben. Was, wenn etwas noch Besseres da draußen auf mich wartet?
Nun möchte ich nicht zu voreiligen, schlecht überlegten Entscheidungen ermutigen. Manche Personen sollten wir wirklich nicht heiraten, und ja, manche Karrierewege sind für unser Christsein nicht besonders förderlich oder hilfreich. Auf Gottes Gebote zu achten und auf die Weisheit unserer Pastoren, Ältesten und Glaubensgeschwister zu hören, wird uns sehr dabei helfen, gottgefällige Wege zu wählen. Aber ich frage mich, wie oft wir gute Sachen übergehen, bloß weil wir auf „was Besseres“ hoffen? Wir wollen sicherstellen, dass wir uns für „the best deal possible“ entschieden haben. Kennt ihr das? Schon, oder? Ist es gut, so zu denken? Nein! Aus folgenden Gründen:
Erstens: der perfekte Job, der perfekte Mann, die perfekte Frau, das perfekte Haus – das gibt’s alles nicht. Das ist eine Illusion. Du sagst, „Ich suche aber nicht nach Perfektion, sondern nur nach der bestmöglichen Option“. Und doch verstecken sich hinter diesem Satz oftmals selbstzentrierte Gedanken der Selbsterfüllung, der Selbsterhöhung, der Selbstbefriedigung usw. Das heißt, wir verbinden unsere Entscheidungen oft mit Selbstverwirklichung. Es ist also kein Wunder, dass es so stressig wird, eine Wahl zu treffen! Aber wir wurden nicht für diese Dinge geschaffen. Und so kommt unsere Erfüllung auch nicht daher. Ein erfülltes Leben kommt aus einer innigen Beziehung mit dem Vater und seinem Sohn Jesus Christus. Wenn du von vergänglichen Sachen oder Menschen Erfüllung erwartest, wird dich auch das „Beste“ eines Tages enttäuschen.
Zweitens: Gott ist viel interessierter an unserem Charakter als an unserem Komfort. Oft sind wir unentschlossen, weil uns Angst ergreift. Die Angst, Fehler zu machen. Die Angst, dass irgendwas nicht klappt. Oder die Angst, dass dieser Weg nicht so erfolgreich sein wird, wie ich es mir wünsche. Wir wollen den Weg des geringsten Risikos nehmen. Diese Angst kann einen wirklich lähmen. Ich möchte dich jedoch auf Gottes Souveränität hinweisen. Unser Vater im Himmel, der seine Kinder liebt, und der ihnen nur Gutes schenkt, weiß schon, was Er mit uns vorhat. Er will uns seinem Sohn Jesus ähnlicher machen. Er zielt auf unser Herz und auf unseren Charakter, und nicht auf äußeres Wohl. Natürlich sorgt Er für uns auch in diesen Dingen, aber seine Priorität ist unsere innere Umgestaltung in das Ebenbild Christi. Das heißt, wenn du diese Erfahrung oder jene Schwierigkeit nötig hast, um geistlich zu wachsen, dann mag er in seiner Gnade tatsächlich deinen Komfort für eine Zeit wegnehmen, damit du im Charakter wächst. Und Er kann das tun, egal ob du dich damals für diesen Weg oder für jenen Weg entschieden hast. Was ich damit meine, ist, dass Gott nicht von unseren Entscheidungen abhängig ist. Sein Masterplan geht nicht irgendwie kaputt, weil du die falsche Entscheidung getroffen hast. Du magst scheitern und Schwierigkeiten erleben, aber Gott hält die Zügel in der Hand. Er lässt manche Dinge zu, weil du gerade diese Erfahrung brauchst. Also klammere dich nicht so fest an deinen Komfort, denn dieser hat bei Gott keine Priorität für unser Leben – deshalb sollte er auch für uns keine Priorität haben. Und wenn Komfort nicht mehr der dominierende Faktor ist, dann ist die Angst auch nicht mehr so lähmend. Du kannst dich ein bisschen entspannen.
Zuletzt – und damit verbunden – möchte ich dich ermutigen, aktiv zu sein. Trachte nach Gottes Reich. Halte die Sachen für wichtig, die Gott wichtig sind. Es ist Gott wichtig, dass du in der Heiligung wächst; dass du als Licht in deiner Umgebung lebst; dass du ein Hinweisschild auf Christus bist; dass du die Menschen liebst, die Er um dich herum gestellt hat und ihnen dienst; dass du jede Gelegenheit benutzt, nicht in erster Linie dich selbst zu erhöhen, sondern Gott; im Wesentlichen, dass du zu Gottes Ehre lebst. Tust du das, verspricht dir Gott, dass alles andere, was du nötig hast, dir zufallen wird. Lies noch einmal: nicht alles, was du willst, aber ja, auf alle Fälle, alles, was du brauchst!
Also sei nicht passiv. Sei nicht unentschlossen. Und schieb auch keine Panik. Sondern lebe für Gottes Sache. Vertraue Gottes souveränem Plan. Und auf geht’s, entscheide dich!
2 Kommentare
Danke für den Artikel, Jonathan!
An anderer Stelle fand ich folgendes zu diesem Thema, was mich ebenfalls ins Nachdenken bringt:
„We worship the god of open options. And he is killing us. He kills our relationships, because he tells us it’s better not to become too involved. He kills our service to others because he tells us it might be better to keep our weekends to ourselves. He kills our giving because he tells us these are uncertain financial times and you never know when you might need that money. He kills our joy in Christ because he tells us it’s better not to be thought of as too spiritual.“ (http://www.desiringgod.org/articles/the-problem-of-your-choices)
Gutes und wichtiges Thema. Wie gut zu wissen, dass Gott alles in der Hand hält und er „trotz“ meiner Entscheidungen zum Ziel kommt, in meinem Leben und in seinem großen Plan. Gott ist nicht von mir abhängig, sondern ich von ihm! 🙂