Die Bibel lehren – Teil II

von Simon Mayer
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Letzte Woche habe ich betont, dass ein Lehrer der Bibel Demut aufweisen und all seine Verkündigung allein auf dem Text der Heiligen Schrift basieren lassen sollte. Heute geht es weiter mit den Prinzipien „Kerngedanke des Textes“ und „Zielführende Struktur“.

2. Anhand des Kerngedankens des Textes

Das ist oftmals leichter gesagt als getan. Dennoch gilt immer: Der Text gibt das Ziel vor. Es ist wichtig, die Hauptaussage des Textes zur eigenen Hauptaussage zu machen. Denn als guter Bibellehrer will man sicherstellen, dass die Leute das hören, was Gott am wichtigsten ist und nicht das, was einem selbst vielleicht am wichtigsten erscheint.

Wir Menschen neigen oft dazu, unsere ganz speziellen Steckenpferde zu haben. Wir haben alle unsere Lieblingsthemen. Und sobald wir dann in einem langen Abschnitt nur zwei halbe Verse finden, die vielleicht im Entferntesten etwas mit diesem Thema zu tun haben, packen wir die Gelegenheit beim Schopf und reden eine Stunde über unser Steckenpferd.

Oder es läuft andersrum – und ich könnte mir vorstellen, dass diese Gefahr fast noch größer ist: Wir wissen eigentlich schon längst, was wir sagen wollen. Wir meinen zu wissen, was unser Gegenüber unbedingt mal hören muss. Und jetzt brauchen wir nur noch den richtigen Text dazu. Einige Verse, die genau das bestätigen, was wir sagen wollen, was uns auf dem Herzen liegt. Und diese Verse lassen sich dann schon irgendwie finden. Das Problem ist nur: Wahrscheinlich drückt der Vers – wenn man seinen Kontext beachtet – gar nicht das aus, was wir unbedingt sagen wollen.

Wenn man einen biblischen Text lehrt, sollte man den Kerngedanken des Abschnittes zum Kerngedanken der Predigt, des Hauskreisthemas etc. machen.

Deshalb sollte man eine solche Herangehensweise tunlichst vermeiden und die Kernaussage des Textes zur eigenen Kernaussage machen. Andernfalls läuft man Gefahr, an dem eigentlichen Ziel, das Gott vorgegeben hat, vorbei zu reden. Das heißt auch, dass man unter Umständen viele Details, die der Text enthält, die einem bekannt sind und einen faszinieren, weg lassen muss, um sich auf die Hauptsache zu konzentrieren. Das ist oft mit am Schwierigsten, zu entscheiden: Ok, was lasse ich weg?

Es gilt, solange an dem Text zu arbeiten, bis man wirklich zur Kernaussage vorgedrungen ist und verstanden hat, wie auch scheinbare Randthemen zu dieser Kernaussage beitragen. Ich behaupte deshalb mal ein bisschen spitz formuliert: Wenn es dir nicht gelingt, den Bibelabschnitt in einem einzigen Satz zusammenzufassen, dann hast du ihn noch nicht richtig verstanden. Und dabei ist es ganz egal, wie lange der Bibelabschnitt ist.

3. Durch zielführende Struktur

Ok, aber angenommen, das ist kein Problem für uns: Wir haben den einen Kerngedanken gefunden und damit unser Ziel fokussiert. Wir wissen, worauf alles hinauslaufen soll. Dann gilt es nun, mit diesem Ziel vor Augen, den Aufbau, die Struktur des Textes und des Themas herauszuarbeiten.

Gute Kommunikation ist strukturierte Kommunikation.[

Denn eines der wichtigsten Prinzipien bei jeglicher Art von Kommunikation – das gilt genauso für ein Referat in der Schule, eine Bachelorarbeit im Studium, eine Präsentation auf der Arbeit wie für eine Predigt oder eine Kinderstunde – ist folgendes: Man muss dem Zuhörer einen roten Faden an die Hand geben, an dem er sich orientieren kann. Nichts ist schlimmer als orientierungslos Worte auf sich einprasseln zu hören, die scheinbar in null Zusammenhang stehen. Gute Kommunikation ist strukturierte Kommunikation.

Deshalb sollte man sicherstellen, dass man eine zielführende Struktur hat, die dem Hauptpunkt des Themas dient. Bevor man anfängt, seine Gedanken detailliert niederzuschreiben, sollte man zweckmäßigerweise eine Gliederung verfassen und sich überlegen, wie die einzelnen Gliederungspunkte dazu beitragen, die Gesamtaussage zu unterstreichen.

Optimalerweise orientiert sich die Struktur dabei an dem Aufbau des Textes. Ich sage nicht, dass dies immer so sein muss, manchmal wird es gar nicht möglich sein. Aber wenn der Textabschnitt ganz offensichtlich in drei Teile zerfällt, dann sollte auch die Predigt drei Teile aufweisen.

Es ist jedoch Vorsicht geboten: Schnell eignet man sich einen „Standard-Rahmen“ an, der dann plötzlich bestimmt, wie man den Text einteilt. Nicht wenige Verkündiger halten ausschließlich Drei-Punkte-Predigten. Und ich glaube, dass das falsch ist, weil sich nicht jeder Text in dieses Drei-Punkte-Schema pressen lässt, ohne dass man ihm Unrecht damit tut. Sicherlich sind drei Punkte oft hilfreich, weil man sie sich relativ gut merken kann. Aber es ist auch erlaubt, mal vier oder fünf Punkte zu haben oder zwei Hauptpunkte, von denen der eine drei Unterpunkte hat etc. Was man allerdings in jedem Fall vermeiden sollte, ist, seine Zuhörer – wie manch ein Puritaner – mit 27 Punkten zu überfordern. 🙂 Auf gar keinen Punkt zu kommen ist jedoch genauso schlecht.

Jeder gute Bibellehrer stellt sicher, dass er das Ziel, welches der Text vorgibt, vor Augen hat, und macht sich bewusst, wie er durch eine sinnvolle Struktur zu diesem Ziel kommt.

Soweit für heute – nächste Woche geht es weiter mit der Nachvollziehbarkeit für den Zuhörer und dem Verweis auf Jesus.

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